Sonderheft Reisen – 20. Februar 2019

Heute morgen beim Kaffee stosse ich beim Durchblättern der Post auf das Sonderheft Reisen, eine Beilage in der Gratis-Zeitschrift des Unternehmens, das als Konsumverein angefangen hat.
Auf sieben Seiten werden sieben Gründe für eine Reise auf die Insel La Réunion im Indischen Ozean vorgestellt. Am Schluss erfahre ich als Leser, dass ein Schweizer Reisebüro eine Wanderreise dorthin anbietet, fünfzehn Tage ab 5450 Franken. «Reisen Sie! Schauen sie über ihren Tellerrand hinaus!» Das fordert der Redaktor in seinem Editorial.
Die Sonne scheint durchs Fenster. Die Ferne lockt, und jetzt, wo es in Europa Frühling wird, soll ich als Mensch, der über den Tellerrand blickt, Wanderferien auf der Südhalbkugel planen. Treibhausgase? Halb so schlimm. Endlich schneefreie Alpen, und Blumen auf der Blüemlisalp.
Ein anderer Artikel macht mir eine Reise nach Las Vegas schmackhaft. Stolz wird erwähnt, dass Las Vegas vor hundert Jahren nicht viel mehr war als ein kleiner, staubiger Bahnhof. Eine Bahnstation in der Wüste, wo Fernzüge sich kreuzen – dafür könnte ich Fernweh entwickeln. Ich sässe dort auf einer Bank und hätte Zeit, nochmals Dschingis Aitmatov zu lesen.
Zurück zur Realität.
Was suchen wir beim Reisen? Was zieht uns an, worin liegt der Reiz?
Es ist die Veränderung, die Andersartigkeit. Es sind die kulturellen Unterschiede.
Um diese Unterschiede zu spüren, muss man in Europa nicht weit reisen, sondern aufmerksam.
Aber kann man kulturelle Unterschiede wahrnehmen, wenn man seine eigene Kultur kaum kennt?
Auf dem Tisch neben der Kaffeetasse liegt ein grossformatiges Buch, 675 Seiten Glanzpapier, es gehört der Nationalbibliothek: die Glasmalereien im Berner Münster.
Wenn man einen Rundgang durch die Berner Altstadt organisiert, kann etwas Vorbereitung nicht schaden.