Mit dem Schnellzug in die Natur?
Das kann doch nicht sein.
Schnellzüge halten in den Städten.
Aber eine Ausnahme gibt es.
Wer mit dem Zug von Bern über Neuenburg nach La Chaux-de-Fonds fährt, erlebt, dass der Zug kurz hält und dann in entgegengesetzter Fahrtrichtung weiterfährt. So ist es seit 1859. Jeder Zug muss hier wenden.
Während der Bundesrat 2018 vorgeschlagen hat, den Kopfbahnhof mit einem Tunnel zu umfahren, beschliesst der Ständerat im März 2019, eine neue Bahnlinie zwischen den beiden grossen Städten des Kantons zu bauen.
Chambrelien liegt 44 Minuten von Bern. Der Bahnhof ist nicht bedient. Das Bahnhofbuffet scheint verlassen. Einige Pendler haben ihre Autos abgestellt.
Man hört das Motorengeräusch des wegfahrenden Zuges, dann nur noch summende Insekten.
Ein Werktag vor Ostern, Frühlingshitze, frisches Grün, Blüten. Der Wanderweg führt in die Kalksteinfelsen am Südhang über der Areuseschlucht. Gegenüber auf der anderen Talseite die dunkle Wand des Creux-du-Van.
Zwei Lebewesen, Gemsen, die sich verwundert nach mir umblicken.
Ein Aussichtspunkt. Weit unten in der Schlucht erblickt man die Bahnlinie Neuenburg-Pontarlier mit ihren Tunneln. Die Tunnel sind breit, für eine Doppelspur gebaut. Die ist nicht mehr notwendig. Die direkten Züge von Bern nach Paris, die von Bern in den Westen fuhren, verkehren hier schon lange nicht mehr. Der verbleibende direkte TGV macht einen Umweg über Mülhausen, über 100 Kilometer im Norden.
Der Weg nähert sich langsam den Geleisen. Neue Gitternetze schützen die Bahn vor Steinschlag. Die Steinbrocken auf dem Wanderweg zeigen, dass es die Netze braucht.
Nach einer guten Stunde komme ich zur Bahnhaltestelle Champ-du-Moulin. Unten am kühlen Fluss ist das Hôtel de la Truite. Tische und Stühle stehen draussen an der Sonne. Der Mann an der Bar wünscht sich für Ostern viele Besucher.
Die Qual der Wahl: dortbleiben, weiter flussaufwärts wandern, weiter flussabwärts. Abwärts geht es leichter, das Tal ist breit, Jogger rennen, Familien wandern, es zeigen sich keine Gemsen mehr. Das Tal verengt sich, der Fussweg führt über Treppen und Brücken durch eine dramatische Schlucht, bis sich diese wieder weitet.
In Boudry, kurz vor der Tramhaltestelle, das Geburtshaus von Jean-Paul Marat, ermordet in Paris in der Badewanne. Aber das ist eine andere Geschichte.